Asche und Wahn

Vielleicht fällt es mir in letzter Zeit nur verstärkt auf, aber möglicherweise ist es auch eine Tendenz: Man tut so, als hätte der Antisemitismus des 20. und des 21. Jahrhunderts etwas mit Religion zu tun.

Neulich las ich in einem Buch, in der Hitlerzeit seien »Menschen mosaischen Glaubens« verfolgt worden. Als hätten die bekannten Nürnberger Gesetze Glaubensgesetze geheißen und nicht »Rassegesetze«.

Heute lese ich auf SPIEGELonline, »eine Frau jüdischen Glaubens« habe einen »Brief mit ascheähnlicher Substanz« erhalten und sie werte den Brief »aufgrund ihres Glaubens« als Bedrohung.

Das ist purer Unsinn, denn es geht hier nicht um Glaubensfragen und auch nicht um Xenophobie oder Fremdenfeindlichkeit, sondern vielmehr um Abstammung und das, was man heute nicht mehr Rasse nennen mag, und um den damit verbundenen altbekannten Rassenwahn. Es geht um Rassismus.

Aber euphemiert nur weiter vor euch hin.

Unterdrückung

Viele Konflikte entstehen dadurch, daß jene, die glauben, im Besitz der Wahrheit zu sein, aber nicht die Macht haben, andere zu unterdrücken und die eigene Wahrheit anderen gewaltsam aufzuzwingen, dazu neigen, sich selbst als ungerecht Behandelte und Unterdrückte zu betrachten. Was in gewisser Weise sogar zutreffend ist, wenn man es als Unterdrückung betrachtet, jemanden daran zu hindern, seinen totalitären Neigungen entsprechend zu leben.  

Luftpost aus Israel

Nachdem Hamas-Aktivisten Israel in einer Art Kassam-Luftflaschenpost in allgemeinverständlicher Sprache über längere Zeit höflich um eine neue Diskussionsrunde zu beiderseitig interessierenden Fragen gebeten hatten, hat Israel nun kurzfristig eine Informationsveranstaltung zum Existenzrecht des jüdischen Staates abgehalten, wenngleich nicht, wie von der Hamas erhofft, auf arabisch, sondern ebenfalls in einer Sprache, die von jedem zu verstehen ist. Man mag das unhöflich finden, aber verständlich ist es allemal.

Geld und Macht

Wer viel Geld hat, neigt dazu, dieses zu benutzen, um zu noch mehr Geld zu kommen. Oder er versucht, mit diesem Geld zu Macht zu gelangen, um seine gesellschaftspolitischen oder anderen Idealvorstellungen in die Wirklichkeit umzusetzen. Wer viel Macht hat, neigt dazu, diese Macht zu mißbrachen, um an (noch mehr) Geld oder noch mehr Macht an sich zu reißen. Wem’s gefällt.

Intellektuelle und Philosophen

Während der Intellektuelle scheinbar verschämt abwinkt, wenn man ihn als Philosophen bezeichnet, und seine Gesichtsfarbe wegen der durchblutungsfördernden Schmeichelei von vornehmer Blässe in einen sanften Rotton wechselt, wird der Philosoph wütend und knallrot, wenn man ihn als Intellektuellen enternstet. Das ist der Unterschied.

Kranke Gesellschaft

Eine Gesellschaft, in der Komasaufen legal ist und in der es gleichzeitig solche Meldungen wie diese gibt, ist eine kranke Gesellschaft. Ich frage mich, wann das mal einem einflußreichen Politiker auffällt. Frau Mortlers Posten wird bald frei. 

Wert der Werte

Bereits die Frage, ob ich Wert auf ein Wertsystem lege, ist keine intellektuelle, sondern eine moralische. Umso mehr wird die Auswahl eines Wertsystems primär von ethischer Motivation geleitet und nicht so sehr von rationalen Überlegungen. Der Wert von Werten aber versteht sich nicht von selbst, sondern muß rationaler Prüfung ebenso standhalten wie der Wert der Wertung als Haltung. Welchen Wert hat es zu werten? Hat die Frage nach einem Wert überhaupt einen Sinn?

Moralische Urteile

Gegen moralische Urteile, die auf Nachdenken beruhen, habe ich nichts, soweit sie schlüssig aus den Ergebnissen des Nachdenkens hervorgehen. Nachdenken, das auf moralischen Urteilen beruht, sie zu ihrem Ausgangspunkt macht, halte ich jedoch für entbehrlich. Es sei denn, das Nachdenken geschieht mit der Absicht, ebendiese moralischen Urteile auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.

Bevor ich begründe, warum etwas von Übel ist, gebietet es die intellektuelle Aufrichtigkeit, zu prüfen, ob dies tatsächlich zutrifft und nicht nur meinen Neigungen und vorgefaßten, wenig reflektierten Überzeugungen widerspricht.

Nicht geahnt

Ein Verbrecherregime gebiert sich nicht selbst. Am Anfang eines jeden verbrecherischen Regimes in der Geschichte standen Gläubige, enthusiasmierte Idealisten, die später einmal sagen werden: Das haben wir nicht geahnt. Und wir haben nichts gewußt.

Zeigefinger

Sloterdijk in der Zeit : „Der Daumen hat den übrigen Fingern den Rang abgelaufen, er ist der große Gewinner dieses Jahrzehnts.“ Ich hatte dazu bereits bemerkt, daß der Daumen eher Verlierer ist – wegen der zu erwartenden Zunahme der Daumensattelgelenksarthrosen infolge exzessiven Mausgebrauchs. Im übrigen stelle ich fest, daß die Zeigefinger allüberall immer länger werden.

Der übliche Schwindel

Der Multimillionär Friedrich Merz warnt schon wieder: Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie ist in Gefahr (Focus).  In der Vergangenheit war in diesem Zusammenhang stets vom Bremsen beim Sozialklimbim und von Steuererleichterungen für Besserverdienende wie Friedrich Merz die Rede. Nach der jüngsten Steuerschätzung werden bereits wieder Bilder von leeren Kassen gemalt, und das demonstrative Nach-außen-Krempeln von leeren Hosentaschen kommt bei Reichen und ihren politischen Hofnarren wieder in Mode. Kennt man alles, wiederholt sich alles. Der übliche Schwindel. Merkwürdigerweise kann man am gleichen Tag auch etwas anderes lesen: FAZ. Wahrscheinlich die letzten Zuckungen vor dem Exitus.