Philanthropie

Energisch umgesetzte Philanthropie ist ohne Eitelkeiten und das Streben nach moralischem Prestigegewinn nur selten zu haben, denn auch hinter dem scheinbar selbstlosen Altruismus steckt meistens ein egoistischer Antrieb.

George Bernard Shaw sagt: »Die meisten Egoisten sind ehemalige Altruisten.« Das mag so sein oder auch nicht. Aber sicher scheint mir eines: Viele Altruisten verstecken ihren Egoismus, indem sie ihn verfeinern.

Wenn es der Allgemeinheit nützt, sei ihnen der moralische Mehrwert zu gönnen. Tun wir so, als ob wir die Camouflage nicht bemerkten.

Altruistische Wahrnehmungsbeschränkung

Besser ist es, im Nebel zu wandern, als mit einem Brett vorm Kopf herumzulaufen, denn je nach Dichte des Nebels und Perspektive des Betrachtenden bietet Nebel zwar keine sonderliche Farbigkeit, aber immerhin ein gewisses Maß an Transparenz.

Bretter hingegen leuchten hin und wieder in schönen Farben, aber das ist nur für den Betrachter von außen sichtbar, woraus folgt, daß jedwede Erheiterung in diesem Falle eine einseitige ist. Das Brett vorm eigenen Kopf nützt also höchstens den andern.

Nur unverbesserlichen Altruisten kann das Legitimierung und Trost bedeuten. Sie lieben ihre Bretter so sehr, weil sie den andern etwas Gutes tun wollen, völlig uneigennützig. Völlig uneigennützig?

Oder ist am Ende nicht gar so falsch, was Heinrich von Kleist dermaleinst schrieb, nämlich daß der Altruismus die versteckteste Form des Egoismus sei?