Den Ball flach halten

Katholische Merkwürdigkeiten

Moral

Naturgemäß sind moralische Vorstellungen kulturell tradiert und damit in hohem Maße relativ, abhängig von den gewachsenen Strukturen der Gesellschaften, in denen sie sich manifestieren. Das heißt jedoch keineswegs, alle diese Vorstellungen, Normen und Gewohnheiten hätten in gleichem Maße ein Recht auf Akzeptanz. Sosehr ich die Herkunft meiner eigenen Moral reflektiere und sie damit zumindest in Teilen in Frage stellen mag, so bin doch ich selbst es, der moralische Pflöcke in den eigenen Boden treibt und dafür sorgt, daß diesen für alle sichtbar gesetzten Maßstäben so weit wie möglich Geltung verschafft wird und dem entgegenstehende Vorstellungen so abgewertet werden, wie sie es verdienen. Trotz der ungesicherten Herkunft und Geltung moralischer Normen dürfen wir in unserer täglichen Praxis keine moralische Indifferenz zulassen. In der Theorie muß das Phänomen Moral jedoch von allen Seiten intensiv beleuchtet, und deren Erscheinungsformen dürfen selbstverständlich auch radikal in Frage gestellt werden. 

Falschgläubige

Gläubige ernennen andere Gläubige zu Ungläubigen, Rechtgläubige fühlen sich im Recht, Nichtgläubige sind stolz auf ihre scheinbare Resistenz in Glaubensfragen, aber sie alle sind Falschgläubige, weil sie denken, es gäbe etwas Rechtes zu glauben oder nicht zu glauben. Tatsächlich gilt es zu wissen, daß Glaube eine schlechte Angewohnheit ist wie Alkohol- oder anderer Drogengenuß und wie dieser gleichermaßen kurzfristig berauschend, mittelfristig problematisch und auf lange Sicht verhängnisvoll. Letzteres dem Leben ohne Drogen nicht unähnlich.

Wie stets zweierlei Maß

Leider hat man es vor langer Zeit versäumt zu verhindern, daß die monotheistischen Religionen Bücher zu Heiligtümern erklärten; ohne heilige Bücher wären mit Sicherheit viele Millionen Liter Blut weniger in die aufnahmebereite Erde gesickert. Heute wiegeln die Taliban das afghanische Volk zum Mord auf, weil Amerikaner so unsensibel waren, Bücher zu verbrennen, die andern als heilig gelten. Den Ausländern soll Achtung vor islamischen Symbolen beigebracht werden. Die gleichen Taliban fanden es 2001 passend, achtlos die Buddha-Statuen von Bamiyan zu sprengen.

2012

„Alles ist ein Hauch nur …“

Angeregt durch »Wesen wie wir«, dachte ich heute morgen auf dem Weg zum Bäcker über Anthropomorphisierung nach, über ein Gedicht von Arno Schmidt und über den Willen in der Natur im Denken Arthur Schopenhauers.

Genaugenommen ist diese animistische Art, Leben in seine Umgebung zu bringen, eine natürliche frühkindliche Phase der kognitiven Entwicklung, wie wir von Piaget wissen. Darüber hinaus Bestandteil mancher Naturreligionen und früher, vorchristlicher Religionen. Animismus, der altgriechische ἄνεμος ánemos, Hauch, später dann römisch-lateinisch anima, Seele, ist zwar vom Menschen gedacht, aber nicht anthropozentrisch, denn die beseelten Wesen nehmen nicht menschliche Form an, sind zwar belebt, aber nicht vermenschlicht.

Dazu paßt, daß ein Wille, der ihnen zugesprochen wird, kein individueller ist, sondern ein allgemeiner Wille der Natur, der sich in ihnen offenbart. Und damit sind wir dann bei Schopenhauers Vorstellung vom Willen in der Natur.

So meine Gedanken am Morgen. Und nun beiße ich in die Rosinenschnecke, die es sich in meinem Magen gemütlich machen will. Ihr ist es egal, ob sie dabei ihre Form verliert, denn die hatte sie sich ohnehin nicht ausgesucht.

Das Anthropomorphe in der Schnecke wie im Stuhl ist ganz präsent, hineingebracht durch die lange Hand des Bäckers und des Tischlers. Das Animistische aber finden wir auf einer tieferen Ebene: zumindest in unserer Vorstellung.

Tirade 231 –Vom Wert der Werte

Kann glauben wer mag
Wer wissen will kann wissen
vom Herzen der Finsternis

befreit vom betäubenden
Duft der Blumen des Bösen

Arte

Weihwassertherapie

Hinterlistig wolle die UNESCO die Menschheit homosexualisieren, sagt Ennio Antonelli, Verschwörungstheoretiker, Kardinal und Familienpolitiker im Vatikan.

Es soll ja neuerdings zum Homosexuell-Machen äußerst wirksame Umpolungsmedikamente geben. Der Nachteil ist allerdings, daß sie nur wirken, wenn sie mit verunreinigtem Weihwasser eingenommen werden. Dabei auftretende mögliche Nebenwirkungen sind schwere Infektionen im Hirnbereich.

WELT.de

Antisemitismus unverstanden

»An einem Berliner S-Bahnhof haben Unbekannte einen der 29-Jährigen erst auf seinen Glauben angesprochen und dann mit Reizgas ins Gesicht gesprüht. Der Staatsschutz ermittelt.« So kann man bei »Spiegel online« lesen.

Im weiteren Text liest man dann etwas von einer »antisemitischen Straftat«. Wegen des »jüdischen Glaubens«. So einen Schwachsinn höre ich immer wieder, und so langsam reicht es mir. Ich frage mich: Wie ungebildet sind die Schreiber und Laberer eigentlich, die diesen Unsinn verbreiten? Wenn ich mich recht erinnere, geht es den Judenhassern heute ebensowenig um theologische Dinge wie den Nazis früher. Schon Hitler und seinen Konsorten ging es nicht um Glaubensdinge, sondern um »die Vernichtung der jüdischen Rasse«.

Also hört auf, von was anderem zu reden als »Rasse«, und Rassenhaß, wenn es um Antisemitismus geht, nur weil das Wort »Rasse« nicht mehr in euren weichgespülten Sprachgebrauch paßt.

Spiegel online

Antisakrale Anwandlung

Man muß kein Freund teuflischer Mächte sein, um kanonisierten Heiligen und vor allem deren oft hieratisch daherschreitenden Nacheiferern und Imitatoren mit einer reflexhaften Abscheu zu begegnen.

Divina providentia

Beinahe jeder einfach gestrickte Anwärter auf den Schwachsinnigenorden, der in größeren Dimensionen zu denken versucht, als man angesichts seiner Hirnleistungsfähigkeit erwarten könnte, schwafelt bisweilen von »ganz anderen Mächten« (der Vorsehung, den höheren Mächten), die er in die Geschicke der Menschen eingreifen sieht. Das kennt man aus Hitlers »Mein Kampf« , einem Prototyp wahnhaften theologischen Vorsehungsgeschwätzes.

Daß immer wieder moralisch Empörte diese »Mächte« als Reaktion auf den »Sittenverfall« ins Gespräch bringen, wie weiland Eva Hermann nach der Katastrophe von Duisburg (»Eventuell haben hier ja auch ganz andere Mächte mit eingegriffen, um dem schamlosen Treiben endlich ein Ende zu setzen«), läßt tief blicken, tief ins schlichte Gemüt mit seinem schlichten Denken. Als wäre Gott eine Figur, die menschliche Vorurteile und Abneigungen hegte. Ich glaube eher, daß Gott auch an Sex and Drugs and Rock ’n‘ Roll seinen Spaß hat. Aber ich kann mich vielleicht täuschen.

2010

Utopie als Heilserwartung

Wenn die chiliastischen Vorstellungen, die allen religiösen Fata Morganen zugrunde liegen, säkularisiert werden, entsteht als weltliche Variante die politische Utopie. Beide speisen sich aus eschatologischen Auffassungen von der Geschichte als Verwirklichung eines Telos.

Das führt zum Streben nach Tausendjährigen Reichen und ist das Gegenteil von Freiheit. Gesellschaftliche Utopie begreift den einzelnen lediglich als Hülle einer Entelechie und nicht als individuelles Wesen. Das ist der Grund, weshalb politische Utopie, sobald man mit ihrer Verwirklichung beginnt, rasch menschenfeindliche Züge annimmt und manchmal in Barbarei endet. Wenn der Zweck die Mittel heiligt, wird die Heilserwartung zum Unheil.

Weit entfernt davon, den Begriff der Utopie ungebrochen positiv zu sehen, aber durchaus kein Mensch ohne Phantasie, Visionen und Idealvorstellungen, möchte ich darauf hinweisen, daß auch und gerade totalitaristische Weltherrschaftsträume in utopischen Vorstellungen wurzeln, ebenso der Wahn von der technischen Beherrschung der Natur, den man abgeschwächt und modifiziert auch bei Denkern findet, die nicht ohne weiteres dem Totalitarismus zugeordnet werden können. Oder die Betonwüsten vieler Großstädte, sie sind, gewachsen aus dem Samen utopischen Bauhausdenkens, das, was von theoretischen Idealen übrigbleibt, wenn sie zu gesellschaftlicher Praxis werden.

Blickend über die Dächer von Berliner Altbauten, freue ich mich, in einem ebensolchen Gebäude zu wohnen. Es gibt jedoch sehr unterschiedliche Auffassungen über Hygiene und Lichtdurchflutung, wie über Wohnqualität ganz allgemein, und genau da ist der Kern der Verwirklichung utopischer Visionen: Bisher haben alle mir bekannten gesellschaftlichen Utopien bei ihrer Umsetzung die Neigung entwickelt, sich über unterschiedliche Auffassungen, die nicht mit denen der »Erfinder« solcher Modelle übereinstimmten, nonchalant hinwegzusetzen. Auch darüber, was tatsächlich gesellschaftlicher »Fortschritt« ist und was nicht, läßt sich trefflich streiten. Solange das Streiten noch erlaubt ist.

Es liegt mir fern, Visionäre für die mißlungene Umsetzung ihrer Visionen verantwortlich zu machen, ich möchte lediglich zu bedenken geben, ob nicht vernünftigerweise beim Visionieren bedacht werden sollte, wie Menschen seit Menschengedenken sind und daß der »neue Mensch«, den man bei vielen dieser optimistischen Visionen einfach voraussetzt, bei der Umsetzung utopischer Konzepte nicht von selbst aus der Erde wächst.

Utopische Vorstellungen einer gerechten und schönen Welt unterscheiden sich wesentlich, sind Idealvorstellungen unterschiedlicher Individuen, und die Utopie des Spießbürgers ist eine ganz andere als die des Ästheten, und beide wenden sich vielleicht mit Grausen ab, wenn sie mit der gesellschaftlichen Utopie eines Dritten konfrontiert werden, selbst wenn es nicht der utopische Bauernstaat von Pol Pot ist.

Der Mensch braucht Utopien, um sich darüber hinwegzutäuschen, wie er tatsächlich ist, und er braucht Utopien, die stets das Gute wollen, auch wenn sie meist das Böse schaffen, um nicht zuletzt auch seine Bosheit zu rechtfertigen, die der eigentliche Antrieb ist, der ihn in Schwung bringt und der ein Teil von jener Kraft sein soll, »die stets das Böse will und stets das Gute schafft«, wie Goethe noch hoffte.

Hat der Mensch eine Vision, so gießt er anschauliche Abbilder davon, abstrahiert diese zu Buchstaben und formt daraus eine Ideologie, deren es bedarf, um vorzutäuschen, man wolle eine Utopie verwirklichen. In Wirklichkeit strebt man nur nach Macht über die andern. Die Utopie des Esels ist eine Gesellschaft, in der ein andrer seine Lasten trägt: Utop-ia.

Heute, in einem scheinbar nachutopischen Zeitalter, da die utopischen Vorstellungen vom »Absterben des Staates« und »Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen« geräuschvoll auf der Deponie der Geschichte abgefackelt wurden, sind nur noch die Utopien der Marktes geblieben, die Träume des Kapitals. Aber auch diese utopischen Blütenträume werden mittelfristig immer weniger Menschen die Nächte erhellen und spätestens dann enden, wenn die Lebensgrundlagen in Klump gehauen sind.

Man muß schon mit Hegel an die Vernunft der Geschichte glauben, um die Unvernuft der Geschichte zu übersehen, die man durch den Glauben an die Vernunft der Geschichte erst hervorgebracht und nach Kräften gefördert hat.

Politische Utopien sind der Stoff für Menschheitsbeglücker, die die Menschheit (angeblich) in eine leuchtende, schattenlose Zukunft führen wollen – notfalls mit Gewalt. Ich bin eher bescheiden, gebe mich mit Licht und Schatten der Gegenwart zufrieden und zünde hier und da eine Kerze an.

Ein anzustrebender Zustand wäre einer, an dem keine Veranlassung mehr bestünde, utopische Vorstellungen zu entwickeln. Doch ein solcher Zustand ist – leider – Utopie.

Moralapostelei

Die Hauptschwierigkeit bei der Apostrophierung anderer als »Moralapostel« – das ergibt sich aus der inneren Logik der Nachdrücklichkeit –, ist der Umstand, daß man dabei erst schleichend, doch dann immer offensichtlicher selbst zu dem wird, was man zu bekämpfen glaubt. Apostolisches Sendungsbewußtsein schafft sich selbst eine Moral, von deren Warte aus es die Moral der anderen zu entwerten versucht. Dabei wird man leicht zum Demagogen oder zum Prediger.

Glaube und Gesellschaft

Heute ist es bei uns weitgehend gesellschaftlicher Konsens – wenn auch noch nicht immer tatsächliche Praxis von Eltern und Lehrern –,  Kinder zu loben und sie bei der Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit zu unterstützen.

Das ist eine ziemlich neue Herangehensweise. Bis vor kurzem ging es doch bei der Erziehung eher darum, den Kindern elterlichen Willen aufzuzwingen, sie in die vorgefertigten Schablonen gesellschaftlichen Funktionierens einzupassen. Wen interessierte in der Vergangenheit die Entwicklung von Persönlichkeit? Nicht die Eltern, nicht den Staat und schon gar nicht die Kirche. Überall autoritäre, hierarchische Strukturen, in die man hineingezwungen wurde, und auch der allerorten beschworene christliche Glaube war kein Herzensbedürfnis, kein Ausdruck der Sehnsucht, sondern eine aufgezwungene und vielfach nicht reflektierte Selbstverständlichkeit. Das Oben und Unten in der Gesellschaft war klar vorgegeben, und zu dieser Gesellschaft gehörte die Kirche als Erscheinungsform der Macht, vor der man den Rücken zu krümmen hatte. Individualisierung von Glauben war nicht vorgesehen und nicht erlaubt, da schädlich für das Machtgefüge. Gerade deshalb wurden die Mystiker allezeit an den Rand der Kirche gedrängt oder darüber hinaus.

Durch den jahrtausendelangen Zwang zur Unterordnung fällt es den meisten Menschen immer noch schwer, Selbstbewußtsein zu entwickeln, den Glauben an sich selbst. Und so kriechen sie unter bei den Priestern, den starken Männern, den Gurus und Experten. Und wenn eines der traditionellen Heilsinstitute und Daseinserklärungsämter fragwürdig geworden ist, dann wechselt so mancher Glaubensgewohnte zu einem anderen.

Oder zu einem Geldinstitut.

Säkulare Ethik

Die christlichen Morallehren haben sich als unzureichend erwiesen, die Schlachthöfe auf der Erde zu schließen und den Menschen ein verträgliches Miteinander schmackhaft zu machen, die Bergpredigt wird als Sonntagsrede betrachtet und nicht ernst genommen, und weder der Koran noch die Thora können dazu beitragen, die Quellen zu schließen, aus denen Menschenverachtung und Boshaftigkeit sprudeln wie Geysire. Ganz im Gegenteil: Fundamentalisten aller Glaubensrichtungen und Schattierungen graben die Hackebeilchen aus und wollen den Menschen ihre Moralvorstellungen notfalls mit Gewalt in die Köpfe transplantieren, und wenn die Köpfe nicht willig sind, dann werden sie eben abgeschlagen.

Was will man dem entgegensetzen? Keine Frage, wir brauchen eine säkulare humanistische Ethik, die locker über alle Fallstricke hinausschreitet und mit ihrer Schönheit und ihrer vollkommenen Gestalt ganz ohne Missionierung alle Welt beeindruckt und binnen kürzester Zeit universelle Gültigkeit erlangt, noch bevor die überall tickenden Zeitzünder abgelaufen sind. Doch woher soll eine solche Ethik kommen, wo ist das Fundament, auf dem sie sicher stünde, unangreifbar und für alle gleich gültig und von allen gleichermaßen akzeptiert? Wir selbst können uns ein eigenes Wertesystem schaffen, das nicht theonom ist, sondern seine Grundlagen in unserem Weltwissen, unseren Erfahrungen und Gefühlen hat. Dabei sind wir frei, in religiösen Vorstellungen wurzelnde Werte eklektisch in unser System zu übernehmen oder auch nicht.

Genau das tue ich. Die Frage ist nur: Weshalb sollte das jemand anderen interessieren? Wie allgemeingültig kann eine solche private Ethik sein? Und wenn wir überzeugt sein sollten, daß unsere säkulare Ethik – die sich wahrscheinlich von Fall zu Fall wenn nicht grundlegend, so doch zumindest en détail unterscheidet –, daß diese Ethik besser geeignet wäre als Überkommenes, um das Leben der Menschen zu erleichtern und Schlimmes zu verhüten, wie wollen wir das andern dann vermitteln, ohne selbst als Prediger und Missionar eines neuen Vernunftglaubens aufzutreten?

Dabei werden wir vermutlich schon genügend Probleme haben, uns selbst zu überzeugen, denn ein solides Fundament für eine universelle Ethik zu finden oder zu gießen (Stahlbeton sollte es schon sein), das ist gar nicht so leicht, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Die christliche Moral

Die christliche Moral
hat die Menschen gezähmt

ist kreuzgefahren

hat die Heiden entwolft

hat Hexen und Ketzer gerettet
vor dem Feuer
Indianer geschützt
den Dreißigjährigen Krieg verhütet
die Armen den Reichen
aus dem Rachen gezogen

den Ersten Weltkrieg unterbunden
den Zweiten Weltkrieg verhindert

Dank der christlichen Moral
kein Auschwitz und Hiroshima
der Mensch dem Menschen
kein Wolf

Was wären wir
ohne die christliche Moral?

Unter dem Mäntelchen der Verschwörungstheorie

Hat sich schon mal einer ernsthaft gefragt, welcher Sprachakrobat auf die glorreiche Idee gekommen ist, abstruses Verschwörungsgefasel, abseitige Hypothesen und manifeste Paranoia mit dem Wort »Theorie« zum Kompositum Verschwörungstheorie zu veredeln?

Sollten wir solche »Theorien« deshalb unter die Gesellschaftstheorien einordnen oder eher unter Psychophantasien? Wie auch immer, ich denke mit Wissenschaft oder ernsthafter Weltanschauung hat das alles nichts zu tun; derartige »Theorien« sind eher Ausdruck von metaphysischen Bedürfnissen wahrnehmungsmäßig überforderter Menschen, eine Art Katechismus für Freireligiöse.

Und natürlich sind diese geraunten Scheinzusammenhänge politische Waffen für Leute mit bösen Absichten. Zum Beispiel der, eine Verschwörung anzuzetteln. Wo keimen die eigenen Verschwörungswünsche besser als im Humus von sogenannten Verschwörungstheorien?

Der Teufel und das Weihwasser

Jeder weiß: Der Teufel meidet das Weihwasser. Doch warum tut er das? Kleriker führen die Zurückhaltung Luzifers auf die Kraft ihrer Lehre zurück. In Wirklichkeit jedoch hat auch der Leibhaftige einen Internetanschluß und weiß, daß sich im Weihwasser trotz oftmals sogar jährlichem Wechsel allerlei Bakterien und garstige Geißeltierchen tummeln.